Historie von Stahl
Kulturelle Überlegenheit durch verfeinerte Schmiedekunst
Vor etwa 3700 Jahren gelang es erstmals den Hethitern, mit Hilfe einfacher Rennöfen, Eisen zu erschmelzen. Die im Vergleich zu Bronzegeräten höhere Festigkeit der daraus geschmiedeten Speere, Klingen und Werkzeuge begründete die militärische Vorherrschaft der Hethiter im vorderasiatischen Raum. Auch im Römischen Reich, ebenso wie bei den Kelten und Wikingern, sind die Parallelen zwischen kultureller Überlegenheit und der Verfeinerung der Schmiedekunst unübersehbar.
Um gut schmiedbaren und vor allem härtbaren Stahl zu erzeugen, ist die Einstellung eines bestimmten Kohlenstoffgehalts (0,2 - 2,0 %) entscheidend. Dieses Problem lösten die Rennofenführer der Frühzeit intuitiv durch die Steuerung der Komponenten Eisenerz, Brennstoff und Luftzufuhr während des Schmelzprozesses. Dieses Material, man bezeichnete es auch als "Raffinierstahl", war in der Regel stark porös sowie mit Schlacke verunreinigt und musste deshalb durch mehrfaches Schmieden verdichtet und homogenisiert werden.
Vom Rennofen zum Hochofen
Erst ab dem späten Mittelalter wurden die Rennfeuer zunehmend von Hochöfen abgelöst, die eine Stahlproduktion im industriellen Maßstab ermöglichten. Durch die Ende des 18. Jahrhunderts entwickelten Frischungsverfahren durch Lufteinblasen oder Umschmelzen im Tiegel (Puddelstahl, Tiegelstahl), konnte der Kohlenstoffgehalt genauer eingestellt und somit Kohlenstoffstahl von konstanter Qualität hergestellt werden
In Japan wurde durch die extremen Anforderungen der Samurai-Schwertschmiede bereits ab dem 7. Jahrhundert das sog. "Tamahagane-Verfahren" zur direkten Erschmelzung von hochreinem Stahl zu einer einzigartigen Blüte verfeinert.
Entwicklung im 19. Jahrhundert
Die steigenden Anforderungen der Waffen- und Maschinenindustrie gaben der Metallurgie Ende des 19. Jahrhunderts entscheidende Impulse. Man verstand nun den Einfluss der Legierungselemente auf die Korrosionsbeständigkeit und Festigkeit des Stahls. Im Jahre 1913 wurde fast gleichzeitig im englischen Sheffield und bei Krupp rostbeständiger Stahl entwickelt, der nicht zuletzt die Schneidwarenherstellung revolutionierte. Verschleißfestigkeit und Hitzebeständigkeit waren Forderungen, die bei industriellen Bearbeitungsverfahren zählen. Sie hatten die Entwicklung der legierten Werkzeugstähle, sowie in neuerer Zeit der hochlegierten Schnellschnittstähle (HSS) und der pulvermetallurgisch hergestellten Stähle (PM) zur Folge, die teilweise auch in der Schneidwarenindustrie Anwendung finden. Hier ist die Stahlmatrix nur noch Trägermaterial für die eigentlich für die Härte und Verschleißfestigkeit verantwortlichen Karbide, die chemisch zu den Keramiken zählen. In diesem Zusammenhang sind auch neuzeitliche nichtmetallische Klingenmaterialien wie Zirkonkeramik oder keramische Beschichtungen zu nennen.
Metallurgie
Stahl ist eine sogenannte Knetlegierung, d.h. eine durch Schmieden oder Walzen umformbare Eisenlegierung. Sie enthält 0,2 bis 2,0 % Kohlenstoff und ist deshalb härtbar. Stahl, der nur Kohlenstoff enthält, wird als Kohlenstoffstahl bezeichnet. Zusätzlich können dem Stahl Legierungselemente, wie z.B. Chrom, Molybdän, Kobalt, Vanadium etc. zugegeben werden, um seine Eigenschaften zu verändern. Er wird dann als legierter Werkzeugstahl bezeichnet.
Stahl ist, wie alle Metalle, ein kristalliner Werkstoff. Seine Matrix (Gefüge) besteht aus Bereichen homogener Kristallite, die auch als Körner bezeichnet werden. Seine Eigenschaften werden ganz wesentlich durch die mittlere Korngröße bestimmt. Grundsätzlich kann man sagen, je kleiner und gleichmäßiger die Korngröße im Gefüge ist, um so besser sind die mechanischen und chemischen Eigenschaften des Stahls (Bruchfestigkeit, Kerbschlagzähigkeit, Korrosionsbeständigkeit, mögliche Schärfe und Standzeit bei Messerklingen).
Die Korngröße wiederum hängt ab von der chemischen Zusammensetzung des Stahls, der Wärmebehandlung und der Bearbeitung (Umformung). So kann man beispielsweise durch folgende Maßnahmen eine Kornfeinung erzielen:
- Normalglühen
- Härten
- Schmieden
- Kalt-Hämmern (Kaltverfestigung)
- Zugabe bestimmter Legierungselemente
Bei Schnittstählen ist die Korngröße sowie die Größe der eingelagerten Karbide (siehe Legierungselemente) letztendlich entscheidend für die mögliche Schärfe der Schneide (Schneidenbreite, Fasenwinkel). Minimale Schneidenbreiten von 0,1 my wurden von Roman Landes an Rasiermesserklingen gemessen.
Härten und Wärmebehandlung
Beim Härten von Stahl werden durch eine spezielle Wärmebehandlung innere Spannungen im Gefüge erzeugt, die eine deutliche Erhöhung der Verschleißfestigkeit bewirken. Die Gitterverzerrung, die wiederum diese Eigenspannungen erzeugt, wird zum Einen durch die Kohlenstoffatome verursacht, die bestimmte Gitterplätze besetzen, aber auch durch andere "Störfaktoren" wie Fehlstellen, Versetzungen etc. Einen wesentlichen Anteil an der Verbesserung der Abriebfestigkeit haben die beim Härten entstehenden sog. Hartphasen. Bei mehr als 0,8 % C wird Eisenkarbid, sog. Zementit (Fe3C) ausgeschieden. Bei Anwesenheit anderer Legierungselemente wird z.B. Chromkarbid, Nitrid, Borid etc. gebildet.
Die Gitterstruktur des Stahls und sein Lösungsvermögen für Kohlenstoff und andere Elemente hängt von der Temperatur ab. Man erhitzt zum Härten den Stahl über die sog. Umwandlungstemperatur (bei Kohlenstoffstählen ca. 780 °C, bei rostfreien Stählen ca. 1050 °C) und schreckt dann in einem Medium (Wasser, Öl oder Luft) ab. Dabei bildet sich eine neue, sehr feine Kristallstruktur, der sog. Martensit, der in diesem Zustand eine extrem hohe Härte aber auch Sprödigkeit aufweist. Um ihm eine definierte Härte zu geben und für den Gebrauch als Schnittstahl zäher zu machen, wird das Material anschließend angelassen. Bei dieser Wärmebehandlung (180-300 °C) werden die Eigenspannungen reduziert, um die Bruchgefahr zu verringern. Bei höher legierten Stählen kann durch spezielle Wärmebehandlungsmaßnahmen die Ausscheidung von Sonderkarbiden herbeigeführt und damit eine sogenannte Sekundärhärtung bewirkt werden (Anlasshärtung).
Es ist jedoch zu beachten, dass diese Hartphasen in der Grundmatrix keinen zu hohen Anteil haben, nicht zu groß und nicht ungleich verteilt sind, da sie ansonsten zu Schneidenausbrüchen führen.
Legierungselemente
Chrom (Cr):
Durch Bildung von Chromkarbiden wird die Schnitthaltigkeit und Verschleißfestigkeit erhöht. Die Härtbarkeit (Ausbildung von Martensit) wird verbessert. Bis 11 % wird Chrom zur Ausbildung von Chromkarbiden "verbraucht", darüber dient es als Korrosionsschutz durch Ausbildung einer passivierenden Chromoxidschicht. Ab ca. 13 % Chromzugabe gelten Stähle als "rostfrei".
Mangan (Mn):
Vermindert den negativen Effekt von Schwefel, verbessert die Härtbarkeit (Härtetiefe), die Zugfestigkeit, die Schmiedbarkeit und Schweißbarkeit.
Molybdän (Mo):
Verbessert die Feinkörnigkeit und verringert die Sprödigkeit bei legierten Stählen. Starker Karbidbilder, Erhöhung der Verschleißfestigkeit und Zähigkeit, bei rostfreien Stählen Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit.
Vanadium (V):
Starker Karbidbilder mit starker Erhöhung der Anlasstemperatur und damit der Warmfestigkeit. Verfeinerung des Korns, Verbesserung der Schweißbarkeit bei höher legierten, härtbaren Stählen.
Nickel (Ni):
Verbessert die Zähigkeit sowohl im hohen, als auch im sehr tiefen Temperaturbereich. Ab 7 % Ni zusammen mit mindestens 13 % Cr entstehen rein austenitische, hoch korrosionsbeständige (säurefeste), unmagnetische Stähle. Da Nickel jedoch der Martensitbildung und Feinkörnigkeit entgegenwirkt, wird es bei Schnittstählen kaum eingesetzt.
Kobalt (Co):
Dient der Kornfeinung und Erhöhung der Warmfestigkeit, bevorzugt bei HSS, für Messerstähle weniger relevant. Bildet keine Karbide.
Wolfram (W):
Bildung sehr harter Karbide, Erhöhung der Warmfestigkeit, bevorzugt bei HSS.
Unerwünschte Elemente:
Phosphor (P):
Schon geringste Anteile führen zur Versprödung durch Seigerungen an den Korngrenzen.
Schwefel (S):
Führt ebenso wie Phosphor zu starken Seigerungen, Bildung von Eisensulfit führt bei härtbaren Stählen zur gefürchteten Rotbrüchigkeit.
Sowohl Schwefel wie Phosphor haben eine hohe Affinität zu Eisen und sind schwer aus der Schmelze zu entfernen. Andererseits sind bereits geringste Anteile sehr schädlich. Eine Reinheit von deutlich unter 0,03 % (S+P) ist ein wesentliches Qualitätsmerkmal von hochwertigen Schnittstählen, dem oft nicht genug Beachtung geschenkt wird!
Kennwerte
Härte:
Die Härte wird bei Messerstählen i.d.R. durch den Rockwell C Wert angegeben. Man misst dazu die Eindrücktiefe eines Diamantkegels bei definierter Last (10 kg) mit einem speziellen Härteprüfgerät.
Zugfestigkeit:
Gibt die Spannung an, bei der der Stahl sich bleibend plastisch verformt.
Bruchdehnung:
Gibt an, wie weit sich der Stahl beim Zugversuch plastisch dehnt, bevor er bricht.
Kerbschlagfestigkeit:
Gibt Auskunft über die Zähigkeit des Stahls bei plötzlicher Biegebeanspruchung. In diesem Zusammenhang ist auf die mögliche Kerbwirkung von Mikrorissen und Gefügefehlern (z.B. Schmiedefehlern) zu achten. Durch Härten erhöht sich i.d.R. die Härte und Zugfestigkeit, Bruchdehnung und Kerbschlagfestigkeit verringern sich.
Stahltypen
- Kohlenstoffstahl
Kohlenstoffstahl ist der klassische Stahl für Schneidwerkzeuge. Er enthält 0,2 - 1,7 % Kohlenstoff und keine oder nur geringe Anteile von Legierungselementen - deshalb ist er nicht rostfrei. Jedoch bildet er beim Härten ein sehr feinkörniges Martensitgefüge aus, das eine hohe Schärfe ermöglicht. Bei einem Kohlenstoffgehalt ab 0,8 % sind darin als Hartphasen Zementitanteile verteilt, die zusätzlich die Schnitthaltigkeit unterstützen. Diese haben eine geringere Härte als andere Karbide (im Vergleich etwa zu Chromkarbid), sie sind i. d. R. auch feiner und gleichmäßiger verteilt, so dass Schneidenausbrüche seltener auftreten. Da hoch gehärteter Kohlenstoffstahl (über 60 Rockwell) relativ spröde ist, wird er meistens als Laminat verarbeitet. (Auflistung von Kohlenstoffstählen)
- Hochlegierte Stähle
"Hochlegiert" bedeutet bei Schnittstählen meist einen Chromanteil von mindestens 13 %, der die Klinge "rostfrei" macht. Es wäre exakter von "rostträge" zu sprechen, da z.B. in der Spülmaschine, bei Salzwasser oder Säuren dennoch interkristalline Korrosion auftreten kann. Die Korrosionsanfälligkeit und die Sprödbruchgefahr steigen mit zunehmender Härte. Diese Stähle sind deshalb selten über 60 Rockwell gehärtet.
Hinsichtlich der Eignung als Schnittstähle bestehen bei hochlegierten Stählen zwei Probleme:
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Die Legierungselemente, vor allem Chrom, führen zu einer intensiven Ausbildung von Karbiden. Diese können, insbesondere wenn Sie ungleich verteilt und zu groß sind, zu Schneidenausbrüchen führen. Dieses Problem tritt natürlich umso deutlicher zutage, je dünner die Schneide ausgeschliffen wird.
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Chrom erschwert das Schärfen auf Wassersteinen, da es zum Schmieren neigt. Das Schärfen wird zudem erschwert, wenn die Grundmatrix zu weich ist und damit eine starke Gratbildung erfolgt.
Man bemüht sich, diese Nachteile durch entsprechende Feinabstimmung mit zusätzlichen Legierungselementen, vor allem Mn, Mo und Co, zu kompensieren. Wichtig bei diesen Stählen ist auch eine sehr exakte Wärmebehandlung, die für eine gleichmäßige und feine Karbidausscheidung bei der Sekundärhärtung (Anlasshärtung) sorgt. (Auflistung von hochlegierten Stählen)
- PM (pulvermetallurgisch hergestellte) Stähle
Die Entwicklung von Werkstoffen mit extremen Festigkeitseigenschaften stand bislang im Mittelpunkt der Pulvermetallurgie. Dabei wird die Stahlschmelze durch Versprühen in Pulver verwandelt, das dann mit hohem Druck heißisostatisch, nahe am Schmelzpunkt zu einem Halbzeug verpresst (gesintert) wird, um anschließend auf konventionellem Weg durch Schmieden, Walzen etc. weiterverarbeitet zu werden. Der Vorteil ist, dass man bei der Komposition der Legierung wesentlich freier ist, da man durch die besondere Abkühltechnik die üblichen Seigerungs- und Entmischungsabläufe vermeidet.
Während bislang der Entwicklungsschwerpunkt eher auf Verschleißfestigkeit als auf Feinkörnigkeit lag, gelang es mit den japanischen Stählen SG2 und Cowry X erstmals auch hochwertige PM Schnittstähle herzustellen. Sie gewährleisten eine bislang nicht bekannte Kombination aus höchster Härte mit Zähigkeit, Bruchfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit.
Zudem liegt eine feinere Karbidverteilung wie bei hochlegierten konventionellen Stählen vor. Der Nachteil ist die relativ schwierige Schärfbarkeit durch den hohen Karbidanteil und das etwas grobkörnige Gefüge. (Auflistung von PM-Stählen) - Mehrlagenstähle
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Damaszenerstahl, Wootz
Der Begriff "Damaszenerstahl" oder "Damast" findet in jüngster Zeit geradezu inflationäre Verwendung. Es ist deshalb angezeigt, diesen Begriff zu präzisieren und abzugrenzen.
Woher kommt der Name?
Stahl mit lebhafter Zeichnung wird seit jeher nach der Hauptstadt Syriens - Damaskus - benannt. Hier befand sich seit der Antike eines der wichtigsten Handelszentren für edle Metalle, Eisen und Stahl. Das Material wurde nicht notwendigerweise in Syrien hergestellt sondern häufig aus Kleinasien importiert.
Wie wurde und wird er hergestellt?
Charakteristisch für den Damaszenerstahl sind seine lebhaften Muster. Neuste Forschungen haben belegt, dass diese Muster ursprünglich nicht durch Verschmieden verschiedener Stähle oder Eisen absichtlich erzeugt wurden. Vielmehr entstanden sie durch Entmischungsvorgänge, sog. Seigerungen beim Abkühlen des Rohstahls im Tiegel. Hierbei bildeten sich Bereiche mit verschieden hohen Kohlenstoffgehalt und verschiedener Kristallstruktur (austenitisch, martensitisch, perlitisch). Das so gewonnene Material wird als Wootz bezeichnet. Bei der Weiterverarbeitung durch Schmieden und Falten bekam die Klinge dann eine charakteristische, oft an die Maserung von Holz erinnernde Struktur, die durch Anätzen noch stärker in Erscheinung tritt. An der Schneide bekommt man Bereiche von härterem und weicherem Gefüge.
Erst später wurde dann im mitteleuropäischen Raum der sog. Schweißdamast entwickelt, wobei Stähle verschiedener Zusammensetzung in der Esse verschweißt werden und dann durch Faltungen bzw. Torsion eine bestimmte Zeichnung absichtlich herbeigeführt wird. Diese Methode ist bis heute die gängige, während Wootz heute nur noch im experimentellen Rahmen hergestellt wird.
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Lagenstahl
Unter "Lagenstahl", oft auch als "Laminatstahl" bezeichnet, versteht man in der Regel 2- oder 3-schichtige Klingen, bei denen die Schneidlage aus einem härtbaren Stahl besteht, die Randlagen meist aus nicht härtendem Material. Das Ziel ist, den harten aber weniger zähen Schnittstahl durch elastische, zähere Randschichten zu stützen, so dass die Bruchgefahr der Klinge verringert wird. Zudem verbessert sich die Schärfbarkeit, da im Querschnitt weniger hartes Material bearbeitet werden muss. Dieser Klingenaufbau ist bei skandinavischen Outdoormessern häufig zu finden, sowie bei vielen japanischen Kochmessern.
Er ist optisch meist leicht erkennbar durch den unterschiedlichen Reflexionsgrad der härteren (helleren) Schneidenschicht und der weicheren (matteren) Randschichten (der Effekt kann durch Anätzung verstärkt werden).
Die Herstellung erfolgt entweder traditionell handwerklich durch Feuerschweißung der Lagen in der Esse oder industriell durch Laminieren der Stähle vor dem Warmwalzen im Walzwerk. -
Japanischer Schwertstahl
Obwohl dies oft behauptet wird, hat Damast oder auch Suminagashi wenig Gemeinsamkeit mit dem Aufbau des traditionellen japanischen Schwerts. Die japanische Schwertklinge wurde zwar ebenfalls aus gefaltetem Stahl hergestellt, jedoch in wesentlich aufwändigerer Weise. Als Ausgangsmaterial dient der sog. Tamahagane, ein in der Holzkohlenglut aus Eisensand gewonnenes Material.
Dieses wird ähnlich dem Damaszenerstahl beim Schmieden gefaltet, jedoch sehr viel häufiger, man geht bei vielen historischen Katana-Klingen von mehr als einer Million Lagen aus. Dadurch sind die einzelnen Schichten mit dem bloßen Auge nicht mehr ohne weiteres erkennbar. Der Zweck dieser Faltungen ist also nicht die ästhetische Wirkung, sondern allein das Besterben, ein möglichst homogenes Gefüge mit wenig Verunreinigungen zu erzeugen. Das Verfahren ist also eher dem ursprünglichen Wootz Stahl vergleichbar.
Als charakteristische Zeichnung erkennt man bei der Katana-Klinge die Härtelinie, auch Hamon genannt. Sie entsteht nicht, wie beim Mehrlagenstahl durch die Grenzlinie beim Aufeinandertreffen zweier verschiedener Stahlsorten, sondern durch Abdecken eines Teils des Klingenquerschnitts mittels Ton beim Härten. Die Klinge kann im Querschnitt aus weichen und harten Stählen, die aus unterschiedlichen Partien des Tamahaganeluppens gewonnen werden, zusammengesetzt sein. Der Aufbau ist sehr variabel (z.B. harte Schale und weicher Kern, harte Schneidplatte und weicher Rücken) und meist visuell nicht erkennbar. -
Japanischer Mehrlagenstahl
Viele japanische Messerklingen bestehen aus Mehrlagenstahl. Aufgrund seines oft an ein Tuschegemälde erinnerndes Muster wird dieser "japanische Damast" oft auch als Suminagashi (Tuschezeichnung)-Stahl bezeichnet. Die Herstellung erfolgt, ähnlich bei 2- oder 3-lagigem Stahl entweder auf traditionelle Weise durch Faltungen und Feuerschweißungen beim Schmieden oder industriell in spezialisierten Walzwerken. Hierbei werden Block-Verbände von zwei oder mehr verschiedenen Stahlsorten zu vielschichtigen Blechen weiterverarbeitet. Auch beliebige Kombinationen von rostfreien mit nicht rostfreien Stählen, sowie neuerdings auch mit Nickel oder anderen Metallen sind mit diesen unter Schutzgas arbeitenden Anlagen möglich.
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FAQ
Wie unterscheidet sich japanischer Mehrlagenstahl von europäischem Damast?
Japanischer Mehrlagenstahl ist wie Damast ein Schweißverbundstahl. Beim europäischen Damast ist die Klinge in der Regel durchgehend aus gefaltetem Material hergestellt. Es treten also an der Schneide abwechselnd Bereiche von härterem und weicherem Material hervor. Beim japanischen Suminagashistahl ist für die Schneide jeweils ein spezieller Schnitt-Monostahl zusätzlich eingesetzt (je nach Ausführung mittig oder einseitig).Hat die Anzahl der Lagen einen Einfluss auf die Qualität?
Bei europäischen Damaststählen: Meist ja, denn durch mehr Faltungen wird eine homogenere Struktur erzeugt sowie eine Schneide, die belastbarer ist und weniger zu einer Sägezahnung neigt.Beim Suminagashistahl: Nein, da für das Schneidverhalten allein der eingesetzte Schnittstahl verantwortlich ist. Hier hat die Lagenzahl und Ausgestaltung vorwiegend eine ästhetische Funktion.
Ist eine Damastklinge grundsätzlich besser als eine Monostahlklinge?
Nein. Die Schärfe und Schnitthaltigkeit hängt allein von der Schneidschicht ab. Allerdings ist eine Damastklinge mit harter Schneidlage und weicheren Randschichten durch diesen Aufbau in der Regel besser zu schärfen und auch bruchunempfindlicher.Schmieden
Vorteile von geschmiedeten Klingen im Vergleich zu gestanzten
Schmieden ist ein Umformprozess, der nicht nur die äußere Form bestimmt, sondern auch die innere Struktur des Stahls verändert. Das Gefüge wird feiner, die mittlere Korngröße kleiner, durch spezielle Methoden kann man der Klinge sogar eine Textur geben.
- Verbesserung der Bruchfestigkeit:
Beim Schmieden wird das Gitter entsprechend der Beanspruchung ausgerichtet, die Klinge wird belastbarer. So ist es z.B. günstig, eine Messerklinge abschließend hochkant auf dem Amboss zu schmieden, wodurch sich die Struktur im Schneidenbereich verbessert.
- Verbesserung der Zähigkeit und Schärfbarkeit:
Unreinheiten (z.B. unerwünschte Beilegierungen wie Aluminium, Phosphor oder Schwefel) lagern sich beim Erstarren der Schmelze in der Regel an den Korngrenzen ab. Sie führen zu einer erhöhten Gefahr von Ausbrüchen an der Schneide sowie zu einer verstärkten Korrosion. Korrektes Schmieden führt durch die Kornfeinung zu einer Verringerung bzw. besseren Verteilung dieser Ausscheidungen und damit zu einer höheren Zähigkeit der Klinge und verbesserter Schärfbarkeit.
- Beanspruchungsgerecht dimensionieren:
Ein weiterer Vorteil des Schmiedens ist, dass man das Werkstück genau beanspruchungsgerecht dimensionieren kann. Bei Messerklingen bedeutet das z.B., dass die Klingenstärke von der Angel zur Spitze hin abnimmt, was nicht nur Masse spart, sondern auch der Balance dient.
- Handwerkliche Unikate:
Schließlich entstehen beim Schmieden immer individuelle Einzelstücke, jedes Teil spiegelt in Struktur und Ausführung die Handschrift des Schmieds wieder. Sie bekommen ein Unikat, das einen völlig anderen Charakter hat als ein uniformes Massenprodukt.
Woran erkennt man eine geschmiedete Klinge?
Die Kristallstruktur lässt sich nur unter dem Mikroskop (angeätztes Schliffbild, ca. 300-500 fache Vergrößerung) beurteilen. Geschmiedete Klingen kann man jedoch meist schon an der Formgebung erkennen, z.B. wenn die Klingenstärke von der Spitze zur Angel hin oder vom Rücken zur Fase hin zunimmt.
Besteht ein qualitativer Unterschied zwischen maschinellem Schmieden und Handschmieden?
Ja. Beim maschinellen Schmieden wird die Form nach dem Stanzen meistens in einem oder wenigen Umformgängen in der Gesenkschmiede hergestellt. Durch den damit verbundenen hohen Umformgrad muss das Werkstück relativ hoch erhitzt werden, um Risse zu vermeiden. Dies wiederum ist nachteilig für das Gefüge (Randentkohlung).
Beim Handschmieden (Führen des Werkstücks von Hand unter dem Freiformhammer) wird mit geringerem Umformgrad und engerer Temperaturführung gearbeitet, die Schlagkraft und Frequenz wird nach Bedarf dosiert. Ein erfahrener Schmied wird vor allem bei der Wärmebehandlung Erfahrungswerte in seine Arbeit einfließen lassen, die zu einem optimalen Ergebnis führen, z.B. Verwendung von entschwefeltem Koks, Auftragen von Paste zur Vermeidung der Randentkohlung, Abschrecken entsprechend der Werkstückgeometrie, sowie möglicherweise ein Kalthämmern zur weiteren Kornfeinung (Kaltverfestigung).
Besteht ein qualitativer Unterschied zwischen einer maschinell gefertigten (gewalzten) und einer vom Schmied feuergeschweißten Mehrlagenklinge?
Die Rohlinge für die meisten Japanmesser des unteren und mittleren Preissegments werden heute aus mehrlagigem Halbzeug gefertigt, das bereits im Stahlwerk feuergeschweißt und verwalzt wurde. Durch eine moderne Prozesssteuerung und Schutzgasatmosphäre muss dies nicht notwendigerweise zu einem, im Vergleich zur manuellen Schweißung, minderwertigeren Produkt führen. Allerdings wird ein erfahrener Schmied beim manuellen Verschweißen die Dimensionierung des Karbonstahls der Größe und Stärke der Klinge ebenso wie dem Verwendungszweck individuell anpassen und so in ihrer Funktion optimieren.
Empfohlene Literatur
- Roman Landes, Messerklingen und Stahl (Art.-Nr. 713166)
- Havald Bergland: Die Kunst des Schmiedens
- Stahlschlüssel-Taschenbuch, 21. Auflage
- Volker Läpple: Wärmebehandlung des Stahls