Gestellsägen gehören zur Grundausstattung der Handwerkzeuge eines Schreiners. In der Ausbildung sind sie eines der ersten Werkzeuge, mit denen das Handwerk erlernt wird. Wir möchten Ihnen die unterschiedliche Gestellsägen vorstellen, die Unterschiede von westlichen und japanischen Sägeblättern erklären und Tipps für das Arbeiten mit Gestellsägen geben.
Aufbau von Gestellsägen
Traditionell gehörten zu den Werkzeugen, die vom Schreiner an der Hobelbank benutzt wurden, auch eine Reihe von Gestellsägen. Der Aufbau von Gestellsägen ist bei allen Typen sehr ähnlich: Ein relativ schmales Sägeblatt wird durch ein Gestell so gespannt, dass es sich beim Sägen nicht verbiegen und nicht verlaufen kann. Eine Gestellsäge besteht im Wesentlichen aus den folgenden Teilen:
Zwei Arme (A)
Steg (B)
Zwei Griffe, auch Hörnchen genannt (C)
Sägeblatt (D)
Spannschnur, -draht oder -schraube (E)
Je nach Ausgestaltung des Sägeblatts und des Gestells sind noch weitere Kleinteile wie beispielsweise eine Sägeblatthalterung nötig. Wird die Gestellsäge durch eine Schnur gespannt, kommt ein sog. Knebelholz hinzu. Die Sägen unterscheiden sich je nach Verwendungszweck durch die Länge, Breite und die Bezahnung des Sägeblattes. Traditionell wurden im Handwerk die folgenden Sägen verwendet:
Die Faustsäge
Die größte der Gestellsägen mit einer Sägeblattlänge von 80 bis 100 cm oder sogar noch darüber. Die Sägeblattbreite beträgt mindestens 40 mm. Besonders große Sägen können Blätter mit bis zu 80 mm Breite haben. Die Bezahnung ist für den Längsschnitt gefeilt, relativ grob und stark geschränkt. Faustsägen dienen zum Auftrennen und Besäumen des Holzes. Ihr Name kommt von einer Sägetechnik, dem sogenannten Fausten, bei der die Säge nicht waagerecht vor der Hand, sondern mit beiden Händen senkrecht, von oben nach unten, vor dem Körper bzw. »vor der Faust« gehalten wird. Dazu wird das Sägeblatt um fast 90 ° zu den Sägenarmen gedreht, sodass das Gestell an der Brettkante vorbeilaufen kann.
Die Schlitzsäge
Diese Säge ist etwas kleiner, die Sägeblattlänge liegt zwischen 70 und 90 cm. Die Schlitzsäge hat eine Sägeblattbreite von ca. 40 mm. Ihr Sägeblatt ist ebenfalls für Längsschnitte gefeilt, aber weniger aggressiv und auch deutlich schwächer geschränkt als das Blatt der Faustsäge. Wie der Name sagt, sollte diese Säge zur Herstellung von Schlitz und Zapfen verwendet werden und die Sägeflächen dabei »verleimfertig« sein. Die Schlitzsäge kann jedoch auch für alle feineren Trenn- und Ablängschnitte verwendet werden und ist immer zur Hand, weshalb sie oft auch als »Handsäge« bezeichnet wird.
Die Absetzsäge
Sie ist in der Regel um die 60 cm lang und das Sägeblatt ca. 30 mm breit. Die Absetzsäge hat eine feine Verzahnung, die für Querschnitte gefeilt ist. Die Absetzsäge wird für feinere Schnitte quer zum Faserverlauf benutzt, hauptsächlich zum Absetzen von Schlitz und Zapfen, daher auch ihr Name. Sie eignet sich auch für feinere Längsschnitte, zum Beispiel zum Zinken.
Die Schweifsäge
Sie ist die kleinste der Gestellsägen. Das Blatt ist maximal 60 cm lang und kann bei sehr feinen Modellen bis auf 30 cm Länge heruntergehen. Wie der Name schon sagt, wird diese Säge zum Schweifen benutzt, also für Kurvenschnitte. Um auch kleine Radien schneiden zu können, muss ihr Sägeblatt stärker geschränkt und besonders schmal sein, zwischen 4 mm bis maximal 10 mm. Ähnlich wie Laubsägen braucht das Blatt eine besonders starke Spannung, um ein Verdrehen und Verlaufen zu verhindern. Zur Herstellung von Ausschnitten in einer Fläche kann bei manchen Schweifsägen das Sägeblatt nach dem Entspannen einfach ausgehängt und durch ein vorgebohrtes Loch geführt werden. Wieder eingehängt und gespannt wird dann der Lochausschnitt gesägt.
Die Schittersäge
Der Vollständigkeit halber sei hier noch die Schittersäge genannt. Es handelt sich um eine große Säge von 70 cm oder 80 cm Länge. Das Besondere an ihr ist, dass die Zahnteilung symmetrisch gefeilt ist, d. h. auf Zug und Stoß. Die Zahnwinkel betragen nicht 60° wie bei den anderen traditionellen Sägen, sondern 45°. Zum Nachschärfen kann also nicht eine normale Dreikantfeile mit 60° Eckenwinkel benutzt werden. Sie wird zum sehr groben Ablängen von Kant- und Rundhölzern und zum Brennholzschneiden benutzt und funktioniert auch in nassem Holz gut.
Die Winkel- oder Zinkensäge
Diese Säge ist mittlerweile fast unbekannt. Sie ist vom Aussehen der Schweifsäge sehr ähnlich, nur ist ihr Sägeblatt im vorderen Drittel unbezahnt und in den hinteren zwei Dritteln um 90° abgekantet. Mit diesen Zinkensägen wurde der Abfall beim Zinken ausgesägt. Weil beim Aussägen auf der abgewandten Seite starke Ausbrüche entstehen, wurden sie fast ausschließlich in der Bautischlerei z. B. zum Zinken von Türfuttern eingesetzt. Entsprechend wurde das Werkstück zum Sägen so ausgerichtet, dass die Ausbrüche im eingebauten Zustand verdeckt waren - bei Türzargen also auf der dem Mauerwerk zugewandten Außenseite. Solche Sägen und Sägeblätter sind heute jedoch nur noch beim Trödel oder auf Antikmärkten zu finden.
Alle diese Sägen wurden vom jeweiligen Schreiner nach dessen Vorlieben geschärft. Das Sägeblatt wurde dazu in einer Feilkluppe eingespannt, und dann mehr oder weniger auf Stoß, für einen mehr oder weniger aggressiven Schnitt im Längsholz, gefeilt. Auch der Fasenwinkel wurde individuell angepasst – schräger, um bei Querschnitten einen feinen, ausrissfreien Schnitt zu erhalten oder stumpfer, um eine höhere Standzeit zu erreichen.
Gestellsägen mit japanischem Sägeblatt
Heutzutage gibt es in den gebräuchlichen Längen auch Gestellsägen und Sägeblätter mit Japanverzahnungen für Längs- oder Querschnitte und mit Universalverzahnung. Sogar ein Schweifblatt bzw. eine Schweifsäge mit Japanverzahnung ist erhältlich. Diese Sägeblätter sind rasiermesserscharf, schneiden sehr schnell und sauber und haben eine außerordentliche Standzeit. Einziger Wermutstropfen: sie lassen sich nicht nachschärfen.
Handhabung der Gestellsäge
Da die Sägen im entspannten Zustand aufgeräumt sein sollten, muss die Säge vor Benutzung zunächst gespannt werden. Bei Sägen mit Spanndraht oder -schraube geschieht dies durch das Anziehen der Flügelmutter, bei Sägen mit Spannschnur durch das Verdrillen derselben, die dann mit einem Knebel gegen den Steg gesichert wird. Um Risse auf beiden Seiten des Sägeblattes sehen zu können, wird das Sägeblatt durch Drehen an den Griffen leicht schräg gestellt. Mit einem Blick über den Rücken des Sägeblatts wird dabei überprüft, ob das Sägeblatt gerade und nicht in sich verdreht ist.
Um das Gewicht der Säge besser kontrollieren zu können, kann sie zum Ansetzen an den Griffen gefasst werden. Hält man die Säge beim Ansetzen am Arm, sollte der Griff zur Stabilisierung unten am Handgelenk anliegen. Ist die erste Kerbe geschnitten, wechselt die Hand gegebenenfalls an den Arm der Säge und es kann mit kraftvollen Stößen, unter Nutzung der gesamten Sägeblattlänge, gesägt werden.
Gestellsägen mit traditionellen Verzahnungen werden in der Regel »auf Stoß« benutzt. Die besondere Bauart der Sägen erlaubt es jedoch, die Schnittrichtung durch einfaches Umdrehen jederzeit »auf Zug« zu ändern. Gestellsägen mit Japanblättern sollten der Regel nach »auf Zug« benutzt werden. »Auf Zug« springen diese Sägen aber sehr stark. Die Gefahren, die durch das »Springen« der Säge entstehen, werden später noch erläutert. Diesem Springen kann durch Benutzung »auf Stoß« entgegnet werden. Allerdings wirkt die Japanverzahnung dann sehr aggressiv und der Schnitt ist recht schwierig zu beginnen. Egal wie die Japanblätter benutzt werden: da sie extrem scharfe Zähne haben, ist bei ihrer Benutzung auf jeden Fall erhöhte Vorsicht geboten.
Gefahren beim Ansägen
Abhängig von der Aggressivität der Verzahnung neigen manche Säge beim Ansetzen zu Vibrationen und somit zum Springen. Die erste Kerbe sollte deshalb durch ein paar Züge entgegen der eigentlichen Schnittrichtung erzeugt werden. Weil beim Ansetzen der Säge das Sägeblatt in der Regel mit einem Finger der anderen Hand geführt wird, ist die Gefahr groß, dass man sich beim Herausspringen der Säge aus der Kerbe verletzt. Noch schlimmere Verletzungen entstehen beim Herausspringen der Säge, wenn das Werkstück unnötigerweise festgehalten wird und sich die festhaltende Hand unterhalb des Sägeschnittes befindet. Das Werkstück sollte ohnehin in der Werkbank fest gespannt sein – das Festhalten ist unnötig!
Korrektur des Sägeschnittes
Sollte der Schnitt verlaufen, so kann die Schnittrichtung durch einfaches Kippen des Gestells in die Richtung des Verlaufs korrigiert werden. Je nach der Stärke der Schränkung und nach der Sägeblattbreite ist die Möglichkeit des Korrigierens allerdings begrenzt. Ebenfalls sollte man aufpassen, dass man nicht überkorrigiert.
Tipps
- Beim Sägen von Schlitz- und Zapfenverbindungen spannt man das Werkstück so in die Hinterzange, dass die Schnittrichtung parallel zur Werkbankvorderkante verläuft. Die Werkbankkante dient dann zum Peilen der Sägerichtung.
- Für lange Schnitte entlang einer Brettkannte kann das Sägeblatt nahezu um 90° zum Gestell verdreht werden. So sind lange Besäumschnitte mit einer Breite bis zur Mitte des Sägegestells möglich.
- Bei Spannungen im Holz kann das Sägeblatt im Sägeschnitt eingeklemmt werden. Kleine Keile - in den Sägeschnitt gesteckt - verhindern dies zuverlässig.
- Durch Harz können vor allem breitere Sägeblätter im Sägeschnitt verkleben oder sehr schwergängig sägen. Etwas Paraffinwachs auf dem Sägeblatt lässt die Säge wieder leichter gleiten.
- Nach getaner Arbeit sollte die Säge immer entspannt werden, bevor sie weggeräumt wird. Wird die Gestellsäge nicht entspannt, verzieht sich das Gestell.
- Machen Sie es wie die Gestellsäge und entspannen Sie sich nach der Arbeit.