Bei der Suche nach Möglichkeiten zur Herstellung von Holzscharnieren sind wir im Internet auf eine Methode von Rob Cosman gestoßen, mit der sich nahezu unsichtbare Holzscharniere bauen lassen. Rob Cosman verwendet zum Einbohren der Achsen allerdings Spezialwerkzeuge. Wir zeigen Ihnen, wie Sie die Scharniere mit herkömmlichen Werkzeugen herstellen können.
Wie funktionieren Holzscharniere?
Das Prinzip dieser Scharniere beruht auf Abschnitten eines Rundholzes, welche mit kleinen Messingstäben gegeneinander drehbar gelagert sind. Die Rundholzstücke werden wechselseitig in Hohlkehlen an den beiden Teilen festgeleimt, die das Scharnier verbindet. Die Kehlung ist so angebracht, dass die Rundstäbe zu einem gewissen Teil überstehen. Wird der Rundstab aus demselben Material wie das Möbelstück hergestellt und dieser Überstand zum Schluss abgehobelt, ist das Scharnier nahezu unsichtbar. Die besten Ergebnisse erzielen Sie, wenn das Material für den Rundstab an der Stelle aus dem Holz geschnitten wird, an der der Rundstab später wieder eingeleimt wird.
Die Walzen des Scharniers sind aus demselben Stück wie die Seiten geschnitten
Der Trick ist, durch planvolles Auftrennen des Materials dafür zu sorgen, dass die Maserung später durchlaufend erscheint. Die Teile, die mit dem Scharnier verbunden werden, und der Rohling für den Rundstab sollten möglichst aus einem Stück geschnitten werden. Trennen Sie die Teile in der Reihenfolge auf, in der sie nachher am Werkstück verbaut werden. Bei einer Schatulle zum Beispiel: Deckel, Scharnier (Rundstab) und Seite. Markieren Sie sich die Teile an der Stirnkante mit einem durchgehenden Strich, um sie später wieder korrekt ausrichten zu können.
Herstellung des Rundstabs
Für die Herstellung von Rundstäben gibt es unterschiedliche Verfahren. Es gibt diverse Dübelschneider mit mehr oder weniger genau voreingestellten Durchmessern und Rundholzschneider, bei denen der Durchmesser genau eingestellt werden kann. Die Güte der geschnittenen Oberfläche variiert zwischen den Verfahren. Auch mit Hilfe einer Oberfräse können Rundstäbe gefräst werden, je nach Vorgehensweise mit unterschiedlichen Resultaten in Bezug auf Maßhaltigkeit und Oberflächengüte. Das beste Resultat hat bei uns der Rundstabschneider von Veritas ergeben. Mithilfe einer selbstgebauten Vorrichtung haben wir ebenfalls sehr gute Ergebnisse erzielt.
Ein Hobeleisen dient als Schneide bei diesem selbstgebauten Dübelschneider
Nach der Fertigung des Rundstabs legen Sie diesen zwischen die anderen Teile und richten ihn wieder so aus, wie er ursprünglich orientiert war. Mit einem Bleistift ziehen Sie eine Linie über die ganze Länge, so dass Sie die Teile nach dem Ablängen wieder genau ausrichten können.
Ablängen und Bohren der Scharniere
Teilen Sie den Rundstab in eine ungerade Anzahl von Teilstücken auf und markieren Sie deren Längen. Markieren Sie die Einzelzeile ebenfalls an den Stößen mit I-I, II-II usw., damit die Reihenfolge und Ausrichtung nach dem Zersägen nicht vertauscht wird. In einer Sägelade mit Kehlung lassen sich die Scharnierteile exakt und ausrissfrei ablängen. Wenn Sie die Schnittgüte verbessern möchten, so dass die Trennfugen zwischen den Scharnierteilen noch feiner und somit noch weniger sichtbar werden, können Sie die Teile an den Stirnflächen noch bestoßen. Dazu muss allerdings der Anschlag der Bestoßlade ebenfalls eine Hohlkehle aufweisen. Die Kehlung der Sägelade und des Anschlags der Bestoßlade wird mit derselben Methode gemacht, die wir auch für die Kehlung der Seitenteile verwenden.
Die nächste Herausforderung ist die mittige Bohrung der Scharnierteile. Wirklich genau geht das nur mit einer Ständerbohrmaschine. Um die Teile exakt im rechten Winkel zum Bohrtisch zu halten und genau die Mitte des Rundstabes zu treffen, fertigen wir uns aus zwei Holzklötzen eine Bohrvorrichtung. In einen etwas dickeren Klotz, der die Scharnierteile etwa zu Hälfte aufnehmen kann, bohren wir ein Loch mit dem Durchmesser des Rundstabs. Dieser Klotz dient zur aufrechten Halterung der Scharnierteile beim Bohren. Um stirnseitig genau die Mitte zu treffen, bohren Sie in ein 10 bis 12 mm dickes Klötzchen mit einem Holzbohrer mit Zentrierspitze im Durchmesser des Rundstabes ca. 3-4 mm tief ein. Mit einem Bohrer im Durchmesser des Achsenmaterials (in unserem Fall ein 3 mm Messing-Rundstab) können Sie dann zentrisch ein Loch durch das Klötzchen durchbohren.
Mit Hilfe von zwei selbst gefertigten Klötzchen werden die Achsen mittig gebohrt
Dieser Klotz wird auf das zu bohrende Ende gesteckt und die Achsbohrung mit Hilfe des Zentrumslochs genau mittig gebohrt. Wenn Sie öfter Scharniere dieser Art bauen, sollten Sie das Zentrierklötzchen immer dann erneuern, wenn das Zentrumsloch abgenutzt ist. Die Tiefe der Achsbohrungen hängt davon ab, wie lange Sie die Achsstückchen machen. Die Achsteile sollten jeweils zur Hälfte in den beiden Scharnierteilen stecken. Wie schon erwähnt, haben wir die Achsen aus einem 3 mm Messing-Rundstab gefertigt und dazu ca. 10 mm lange Stücke vom Messingstab abgelängt und sauber entgratet. Jetzt können Sie die Einzelteile mit den Achsen in der richtigen Orientierung zusammenstecken.
Kehlen der Seitenteile
Die Kehlen in den Seiten können entweder mit einem Kombinationshobel mit passendem Kehleisen oder am Frästisch mit passendem Kehlfräser gefertigt werden. Im Video haben wir einen Nuthobel so modifiziert, dass wir ein Kehleisen vom Kombihobel einbauen konnten. Der Kehlhobel sollte einen verstellbaren Tiefen- und Parallelanschlag haben, damit Sie die genaue Lage der Kehlung einstellen können. Die beiden Kehlen in den Teilen müssen so tief sein, dass zwischen den Seitenteilen eine minimale Fuge bleibt, da sonst das Scharnier und der Deckel „klemmen“ bzw. sich die Türe nicht ganz schließen lässt. Außerdem müssen die Kehlungen so angeordnet werden, dass der Rundstab auf der Außenseite leicht übersteht. Je weiter der Rundstab übersteht, desto weiter kann das Scharnier geöffnet werden. Die genaue Lage sollten Sie durch eigene Tests ermitteln.
Je mehr der Rundstab übersteht, umso weiter lässt sich der Deckel öffnen
Verleimen des Scharniers
Die Abschnitte des Rundstabs werden nun an beiden Seitenteilen abwechselnd angeleimt. Markieren Sie sich die Lage der Trennfugen auf den Seiten. Markieren Sie auch, wo geleimt werden muss und wo nicht. Damit die Abschnitte, die nicht verleimt werden sollen, durch herausquellenden Leim nicht doch angeleimt werden, sollten Sie diese Flächen in den Kehlen mit Weichwachs, z. B. DICTUM Holzbalsam, als Trennmittel bestreichen. Die Leimflächen der Kehlen können nun sparsam mit Leim bestrichen und die Teile zusammengespannt werden. Achten Sie darauf, dass die Längsmarkierung auf der Scharnierwalze fluchtet und die Trennfugen dicht sind.
Bündigputzen des Walzenüberstands
Wenn die Verleimung ausgehärtet ist, können Sie mit dem Putzhobel den Überstand des Scharniers bündig putzen. Wenn alle Fugen beim Verleimen schön dicht waren, dann wird das Scharnier in geschlossenem Zustand nahezu unsichtbar sein. Weitere Tipps zur Maßhaltigkeit und Passung von Rundstab und Kehlung und zur Güte der Oberflächen des Rundstabs geben wir in unserer Video-Anleitung. Darin zeigen wir Ihnen auch, wie die Kehlung an einem Frästisch gefräst wird.