Ein Bett aus alten Balken, ein Tisch mit unregelmäßigen Beinen oder ein Carport aus Naturstämmen. Bei manchen Projekten beginnt der Stress schon beim Anzeichnen der Holzverbindungen. Unregelmäßig geformte Werkstücke ohne Bezugskanten machen das Anreißen mit Streichmaß und Anschlagwinkel nahezu unmöglich. Japanische Zimmerer verwenden eine Technik, die es trotzdem ermöglicht, exakte Verbindungen anzureißen. Sie reißen dabei alles ausgehend von Mittelrissen an. Diese Mittellinien repräsentieren zwei senkrecht aufeinander stehende Flächen, die längs durch das Werkstück verlaufen. Auch die exakten Positionen der Verbindungen werden dann jeweils von ihrem Mittelpunkt aus angerissen. Die regelmäßigen Formen der Verbindungen können so mit Hilfe von japanischen Zimmererwinkel angerissen werden. Schließlich werden die unregelmäßigen Konturen mit einem Hilfsbrettchen, einer Schablone oder mit einem Zirkel auf das Gegenstück übertragen.
Das Fadenkreuz schafft auf unregelmäßigen Werkstücken präzise Bezugsachsen
Wie werden die Bezugsachsen festgelegt?
Wenn zumindest eine Fläche gerade und nicht verdreht ist, kann auf beiden Enden eine Linie möglichst mittig auf die Stirnfläche angerissen werden, die parallel zu der ebenen Fläche verläuft. Zu diesen Linien werden dann senkrechte Linien gezogen, die ebenfalls möglichst mittig verlaufen.
Mittellinien repräsentieren die beiden senkrecht zueinanderstehenden Bezugsflächen
Ist das Werkstück verdreht oder gar aus einem gewachsenen, in seiner Form belassenen Stamm, so werden auf einem Ende die beiden Winkelrisse angebracht und durch Fluchten mit Hilfe einer geraden Leiste oder eines Winkels auf das andere Stirnende übertragen. Die Endpunkte der Linien werden auf den Längsflächen mit durchgehenden Linien verbunden (mit einer Schlagschnur oder einem langen Lineal). Diese Linien repräsentieren nun die zwei senkrecht aufeinander stehenden Flächen, von denen aus angerissen wird.
Das Fadenkreuz lässt sich auch durch Fluchten übertragen
Wie werden die Holzverbindungen angerissen?
Ausgehend von diesen Mittellinien können Sie jetzt die Positionen der Verbindungen anreißen. Als erstes wird jeweils die Mitte des Gegenstücks angerissen. Nun kann von den Mittelpunkten als Bezug die jeweilige Verbindung angerissen werden. Wenn ein Mittelriss bei der späteren Ausarbeitung der Verbindung verloren geht oder in der Verbindung verschwindet, können Sie in einem bestimmten Abstand dazu parallel einen Referenzriss anbringen. Anhand des Referenzrisses können Sie später kontrollieren, ob alle Abmessungen stimmen.
Wie wird die Kontur übertragen?
Für das Übertragen der unregelmäßigen Kontur eines Bauteils auf seinen Gegenspieler gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Rundliche, organische Formen können Sie mit einer Konturschablone oder einem Kopierzirkel übertragen. An die Feinpassung muss man sich dann langsam heranarbeiten. Bei geraden Flächen bietet sich die folgende, exakte Methode an. Mit Hilfe eines Übertragungsbretts und eines Winkels können die Flächen und die Winkel zwischen diesen Flächen abgenommen werden. Zuerst wird auch auf dem Übertragungsbrett der Mittelriss im richtigen Winkel angerissen. Mittelriss auf Mittelriss angelegt, werden die restlichen Flächen übertragen. Zuletzt wird noch der Abstand des Übertragungsbretts vom Mittelriss ermittelt.
Flächen und Winkel werden auf einem Hilfsbrett angezeichnet
Für die exakte Position des Hilfsbretts beim Übertragen wird der höchste Punkt ermittelt
In gleicher Art und Weise wird die Kontur jetzt auf dem Gegenspieler konstruiert. Dazu wird der Mittelriss des Hilfsbretts mit dem Mittelriss des Werkstücks in Deckung gebracht und mit dem Winkel die Schrägen auf das Werkstück übertragen.
Mit dem Hilfsbrett wird die Kontur übertragen bzw. angerissen
Die Mittellinien treffen sich exakt, alles richtig gemacht!
Die Ausarbeitung der Holzverbindung findet in gewohnter Weise mit Säge und Stemmeisen statt. Nach erfolgreicher Montage sollten alle Mittelrisse fluchten und die Abstände der Referenzrisse stimmen. In unserem Video-Tutorial können Sie die genauen Arbeitsschritte zum Anreißen unregelmäßiger Werkstücke noch einmal genau betrachten.
