Leinölkitt wurde bereits im 17. Jahrhundert zum Abdichten von Fensterscheiben verwendet und bis ins letzte Jahrhundert nahezu unverändert genutzt. Er ist leicht zu verarbeiten, hält die Glasscheiben im Rahmen fest und dichtet sie gleichzeitig gegen Feuchtigkeit und Luftzug ab. Mit der Zeit altert Fensterkitt jedoch, wird spröde und muss erneuert werden. Hier erfahren Sie, wie Leinölkitt verarbeitet wird und was Sie zum Erneuern von Fensterkitt alles brauchen.
Was sind die Vorteile von Leinölkitt?
Leinölkitt ist ein zu 100 % natürlicher Werkstoff. Er besteht zu 75 % aus Schlämmkreide (Calciumcarbonat) und 25 % Leinöl oder Leinölfirnis. Bis 1990 wurden manchen Kittmassen auch Asbestfasern beigemischt. Solcher Kitt ist mittlerweile nicht mehr erhältlich, jedoch sollten Sie bei Renovierungsarbeiten daran denken, dass der alte Kitt eventuell gesundheitsschädlich sein kann und beim Auskratzen eine Staubschutzmaske tragen.
Leinölkitt ist leicht zu verarbeiten. Um Fenster zu verkitten, brauchen Sie nur wenig Werkzeug und etwas handwerkliches Geschick. Dazu später mehr. Glasscheiben lassen sich mit Kitt deutlich leichter in einen Rahmen einsetzen als z. B. mit Glasleisten, deren Herstellung wesentlich zeitaufwendiger ist.
Leinölkitt ist flexibel. Mit Kitt können Sie nahezu jede Scheibenform in einem Rahmen befestigen -rund, halbrund, eckig oder polygonal. Leinölkitt passt sich jeder Form an.
Leinölkitt hält fest und isoliert. Mit Leinölkitt können Sie Glasscheiben in Holz- und Metallrahmen einsetzen. Solange die Kittfase intakt ist, hält sie die Scheibe im Rahmen fest und dichtet gegen Feuchtigkeit und Luftzug ab.
Wann sollte Fensterkitt erneuert werden?
Spätestens wenn der Kitt die beiden zuletzt genannten Eigenschaften nicht mehr gewährleistet, sollten Sie das Kittbett ganz oder stellenweise erneuern. Leinölkitt härtet sehr langsam aus und bleibt bei guter Pflege lange elastisch. Wird der Anstrich von Fenstern oder Türen nicht rechtzeitig erneuert und liegt der Kitt frei, trocknet er aus und wird spröde. Dadurch verliert er an innerer Festigkeit und die Bindung zum Rahmen geht verloren. Sobald sich das Kittbett vom Rahmen löst, reicht Überstreichen nicht mehr aus und Sie müssen es stellenweise oder komplett erneuern.
Ist der Fensterkitt spröde und rissig, muss er erneuert werden
Was brauche ich zum Einkitten?
Für das eigentliche Einkitten von Scheiben brauchen Sie nur den Leinölkitt, ein Kittmesser und eventuell Nägel (Drahtstifte) und einen kleinen Hammer (oder Glaserhammer). Muss das alte Kittbett komplett erneuert werden, brauchen Sie zudem einen Spachtel oder ein altes Stemmeisen und ggf. eine Wärmequelle (Infrarotstrahler oder Fön) und Feinöl/Maschinenöl, um den alten Kitt komplett zu entfernen.
Wie wird der Rahmen für das Einkitten vorbereitet?
Alles, was lose und locker ist, muss weg! Lose Kittreste und abgeblätterte Farbschichten müssen komplett entfernt werden. Dazu kratzen Sie den Glasfalz mit einem alten Stemmeisen oder Spachtel frei und schleifen, wo möglich, den kompletten Rahmen sorgfältig ab. Muss auch das Glas erneuert werden, ist es meist die einfachste Lösung, die Scheiben einfach herauszuschlagen. Dabei löst sich in der Regel auch ein Großteil des alten Fensterkitts mit ab. Soll nur der Fensterkitt erneuert werden, ist es manchmal schwierig, den alten Kitt vom Rahmen zu lösen, ohne das Glas zu beschädigen. Durch Wärme (Infrarotstrahler) und Öl wird alter Fensterkitt etwas weicher und lässt sich dann leichter abkratzen.
Eine Grundierung mit Leinölfirnis sorgt für eine gute Bindung
Seien Sie jedoch vorsichtig, durch rasches Erhitzen kann das Glas zerspringen. Neue oder abgeschliffene Metallrahmen sollten vor dem Einsetzen neuer Scheiben eine Grundierung mit Rostschutzgrund (z. B. Leinölfirnis mit Hämatit Eisenmennige oder Graphit) erhalten. Neue Holzrahmen sollten Sie mit einer dünnen Schicht Leinölfirnis grundieren. Die Grundierung sorgt für eine gute Bindung zwischen Leinölkitt und Rahmen. Bei alten Holzrahmen verfestigt ein Ölauftrag zudem die bestehenden Farbschichten.
Wie kitte ich Scheiben mit Leinölkitt neu ein?
Für die Verarbeitung sollte der Kitt gut durchgeknetet und handwarm sein. Kneten Sie den Fensterkitt deshalb ca. fünf Minuten gut durch. Das Anlegen des Kittbetts und das Abziehen der Kittfase ist kein Hexenwerk, braucht aber etwas Übung. In unserem Video-Tutorial zeigen wir Ihnen beide Arbeitsschritte genau (und auch das komplette Einglasen alter Fenster).
Scheiben, die dem Wetter ausgesetzt sind, werden in ein Kittbett gelegt und der Fensterkitt möglichst glatt abgezogen
Der Arbeitsablauf beim Einkitten ist wie folgt:
- Säubern des Glasfalzes (siehe Vorbereitungen)
- Kittbett einziehen. Ist das Fenster/die Tür dem Wetter ausgesetzt, wird die Glasscheibe in ein Kittbett gelegt, damit die Scheibe auch nach außen hin abdichtet. Dafür drücken Sie zunächst eine dünne Kittschicht mit der Hand in den Glasfalz und ziehen sie mit dem Kittmesser ab. Mit der kurzen, geraden Seite des stumpfen Kittmessers geht dies recht zügig. Handelt es sich um eine Innentür oder ein Zwischenfenster, kann das Glas auch direkt in den Rahmen gelegt werden.
- Glas einlegen und fixieren. Die Scheibe wird vorsichtig in den Falz gelegt und ggf. leicht in das Kittbett gedrückt. Mit kleinen Drahtstiften sichern Sie die Scheibe gegen Herausfallen. Achten Sie beim Annageln darauf, dass der Hammer immer auf dem Glas aufliegt und Sie nicht auf die dünne Scheibe schlagen. Um Kratzer im Glas zu vermeiden, können Sie ein Blatt Papier zwischen Hammer und Glasscheibe legen. Schlagen Sie die Nägel so weit ein, dass sie nachher komplett von der Kittfase überdeckt werden.
- Kitt eindrücken und Fase abziehen. Nun drücken Sie mit der Hand eine etwas dickere Kittschicht aufs Glas bzw. in den Glasfalz, und zwar so viel, dass dadurch der Rahmen gut abgedichtet wird. Mit dem Kittmesser drücken Sie nun den Fensterkitt fest an den Rahmen und verteilen ihn dabei möglichst gleichmäßig. Anschließend wird der Leinölkitt in einem Zug mit dem Kittmesser fest in den Falz gedrückt und gleichzeitig der überschüssige Kitt abgeschnitten bzw. abgedrückt. Es sollte eine möglichst glatte 45°-Fase entstehen. Zum Abziehen der Kittfase eignet sich das klassische Glasermesser bzw. ein Kittmesser mit Spitzklinge sehr gut. Etwas schwieriger ist das Ausformen der Ecken. Ob Ihnen dies besser mit der Spitzklinge oder dem stumpfen Kittmesser gelingt, hängt von Ihren Vorlieben und Erfahrungen ab.
- Überschuss vom Kittbett entfernen. Nun drehen Sie den Rahmen um und schneiden den herausgedrückten Überschuss des Kittbetts mit dem Kittmesser bündig ab. Die Scheibe ist fertig eingekittet.
Ein Sonderfall sind Fenster und Türen mit einem Wetterschenkel bzw. einer Tropfleiste. Dies ist eine vorstehende Leiste am unteren Flügelfries, die verhindert, dass Regenwasser in den Rahmen fließt. Durch den Wetterschenkel ist die untere Kittfase oft schlecht zu erreichen bzw. kann mit den üblichen Kittmessern nicht im richtigen Winkel abgezogen werden. Speziell zum Abziehen dieser Kittfase eignet sich das stumpfe Wetterschenkel-Kittmesser.
Wie pflege ich Fenster und Türen mit eingekitteten Scheiben?
Bevor Sie die frisch eingekitteten Fenster und Türen gründlich reinigen oder streichen, sollten Sie den Leinölkitt etwas fest werden lassen. Direkt nach dem Einkitten können Sie die Glasscheiben mit Kreidepulver oder Talkum bestäuben und mit einem weichen Tuch vorsichtig abwischen, um so Ölspuren und Kittreste zu beseitigen. Am besten überstreichen Sie die Rahmen und den Leinölkitt erst nach drei bis vier Wochen mit Leinölfarben. Reinigen Sie die Scheiben erst dann gründlich, wenn die Farbe trocken ist. Werden die Fenster und Türen in Zukunft regelmäßig mit Leinölfarben gestrichen, wird auch der Leinölkitt ausreichend mit Öl versorgt und gegen Wettereinflüsse geschützt. So bleibt er länger elastisch und dichtet die Scheiben zuverlässig ab.
Das Puder nimmt Ölflecken auf und beschleunigt die Trocknung des Kitts