Als während eines Workshops in der DICTUM Kurswerkstatt wieder einmal die vierfach geschiftete Längsverbindung, der sogenannte »Storchenschnabel«, wie üblich von Hand gesägt wurde, kam die Frage auf, ob diese japanische Holzverbindung nicht auch maschinell gefertigt werden kann. Da uns die Frage schon länger beschäftigt, sind wir dem nachgegangen.
Versuch macht klug
Die erste Idee war, die Verbindung mit einem Falzkopf zu fräsen. Dazu ist es notwendig, die Werkstücke in zwei Achsen abgewinkelt am Falzkopf entlangzuführen. Wir mussten also eine entsprechende Halterung für die Werkstücke entwerfen und bauen. Nach mehreren Versuchen wurde klar, dass wir hier mit dem »Try and Error«-Prinzip nicht weiterkommen. Mit Hilfe eines CAD-Programms entwarfen wir eine Halterung, die es erlaubt, die Winkel exakt auf das Werkstück zu übertragen. Um uns das mehrfache Ein- und Umstellen der Maschinen zu ersparen, sägten wir die Halterung von Hand aus.
Um die Werkstücke in der Vorrichtung genau zu positionieren, wurden sie mit Referenzrissen versehen und der vermeintliche Storchenschnabel anschließend mit einem Falzkopf auf dem Frästisch gefräst. Bis die Einstellung des Falzes exakt stimmte, waren drei Probehölzer notwendig. Die gefräste Verbindung machte auf den ersten Blick einen guten Eindruck: Alle Fugen waren dicht und die Hölzer fluchteten. Bei genauer Betrachtung fiel jedoch auf, dass die Verbindung innen Hohlräume aufwies. Die Verleimung bzw. die Belastbarkeit der Verbindung war darum sehr schwach.
Versuch am Frästisch mit Falzfräser und erster Vorrichtung
Um also die genauen Winkel in der Verbindung zu ermitteln, wurde der Storchenschnabel am Computer einmal komplett gezeichnet und die Konstruktion der Vorrichtung überarbeitet. Und siehe da, nun erschien es machbar, die Verbindung an einer Tischkreissäge mit einem schräggestellten Sägeblatt zu fertigen. Den entsprechenden Winkel konnten wir der Zeichnung entnehmen. Wieder waren ein paar Probestücke notwendig, bis die Maschine exakt justiert und eingerichtet war. Auch die Halterung musste nachgearbeitet werden. Auf diese Weise gelang es uns schlussendlich, mit der Kreissäge einen Storchenschnabel exakt zu fertigen.
Kann der japanische Storchenschnabel maschinell angefertigt werden?
Die Antwort auf die Ausgangsfrage, ob der Storchenschnabel maschinell gefertigt werden kann, lässt sich eindeutig mit „Ja“ beantworten. Doch ist das auch sinnvoll?
Diese Längsverbindung muss auf jeden Fall geleimt werden. Sie ist dazu gedacht, zu kurze Hölzer zu verlängern. Sie wird also nur benötigt, wenn das Holz ohnehin knapp ist. Bis die maschinelle Verbindung geplant und die Vorrichtung dafür gezeichnet und gebaut ist, vergeht nicht nur viel Zeit, sondern es sind auch einige Probestücke notwendig, bis alles passt.
Mit erheblichem Aufwand kann die Verbindung an der Kreissäge gefertigt werden
Wenn Sie also genau sägen und mit einer Dozuki einem Riss folgen können, dann ist es sehr viel einfacher, die Verbindung von Hand zu fertigen. Das Anreißen ist sehr einfach und dauert nicht lange. An jedem der beiden Teile, die miteinander verbunden werden, sind nur vier Sägeschnitte notwendig. Nach insgesamt acht Schnitten ist die handgefertigte Holzverbindung fertig. Als Belohnung haben Sie dann nicht nur ihr fehlendes Holz ergänzt, sondern Sie haben das in einer Art und Weise getan, die sehr unauffällig ist. Unauffälliger als jede andere Schäftung.
Ausprobieren erlaubt, aber mit Vorsicht!
Wenn Sie ebenfalls Versuche starten möchten, die Verbindung maschinell zu fertigen, haben wir für Sie hier die Abmessungen unserer Halterung:
Die Halterung ist für die Verlängerung von Hölzern mit 20 x 20 mm Querschnitt gedacht. Das Sägeblatt muss um 4° geneigt werden.
Achten Sie auf Ihre Sicherheit! Bitte statten Sie die Halterung mit einer Klemmung aus, mit der Sie das Werkstück sicher auf der Halterung fixieren können. Seien Sie sich der Gefahren beim Arbeiten an stationären Maschinen stets bewusst.
Wenn Sie mit der gezeigten Methode erfolgreich waren oder sogar eine eigene, vielleicht geschicktere Lösung gefunden haben, um den Storchenschnabel oder eine andere japanische Holzverbindung mit maschineller Unterstützung anzufertigen, schicken Sie Ihre Ergebnisse doch an die DICTUM Handwerksgalerie.
Die genauen Maße der Halterung richten sich nach den zu verbindenden Hölzern