In diesem Tutorial widmen wir uns einem sehr vielseitigen und deshalb oft genutzten Profil, dem sogenannten Karnies. Sie erfahren, wie Sie ein Karnies mit Handwerkzeugen fertigen können, mit welchen Schaftfräsern dieses Profil gefräst werden kann und was das Besondere an einigen dieser Fräser ist.
 

Wie ist ein Karnies-Profil aufgebaut?

In unserem Blogbeitrag Klassische Profile (1) Grundlagen der Gestaltung haben wir die Grundform des Karnieses bereits vorgestellt. Der ebenfalls gebräuchliche Name »Glockenprofil« gibt den Aufbau des Profils sehr gut wieder: wie bei einer Glocke, ist das Karnies eine Kombination von Viertelstab (oberer Teil der Glocke) und Hohlkehle (unterer Teil), die fließend ineinander übergehen. Bei den meisten Karnies-Profilfräsern sind beide Radien gleich groß. Dazu später mehr.

Aufbau
 

Wie hobelt man Karnies von Hand?

Ein Karniesprofil kann mit wenigen Werkzeugen leicht von Hand gefertigt werden. Dies hat den Vorteil, dass Sie nahezu jeden gewünschten Radius herstellen können und die Elemente Viertelstab und Hohlkehle unterschiedlich gewichten können. Sie benötigen dazu nur einen Falz- oder Simshobel und einen Profilhobel (Hohlkehlhobel).

Karnies Arbeitsschritte
 

Falz als Basis: Zeichnen Sie das Profil an beiden Enden der Kante an (1). Wenn es genau werden soll, fertigen Sie dafür eine Schablone aus Karton an. Teilen Sie das Karniesprofil zunächst in Stufen bzw. Falze auf (2). Übertragen Sie die Außenkanten der Falze (Falztiefe und Falzbreite) auf die Längskante und Fläche des Werkstücks. Am besten geht dies mit einem Streichmaß mit Schneidrädchen. Dabei werden die Holzfasern durch das Schneidrädchen durchtrennt, der Riss wird beim Erreichen der Falztiefe bzw. Falzbreite gut sichtbar. Die so angerissenen Stufen werden nun mit dem Falz- oder Simshobel ausgearbeitet.

 

Exkurs Fingeranschlag: Viele Falzhobel besitzen einen einstellbaren Seiten- und Tiefenanschlag oder können mit einem Anschlag nachgerüstet werden. Ein Simshobel besitzt in der Regel keinen Anschlag. Hier dienen Zeige- und Mittelfinger der führenden Hand als Anschlag. Umgreifen Sie dazu den Simshobel vorne so, dass Zeige- und/oder Mittelfinger vor dem Hobelmaul an der Hobelsohle anliegen und Sie die Kante des Werkstücks ertasten können. Beginnen Sie das Hobeln des Falzes mit etwas Abstand zum seitlichen Anriss. Nach einigen Hobelstößen hat der Simshobel im entstandenen Falz seitlich ausreichend Führung.

Fingeranschlag
 
Simshobel stehend
Simshobel liegend
 

Wenn die Falztiefe nahezu erreicht ist, wird der Simshobel seitlich angesetzt und die Falzbreite ausgehobelt. Ist die gewünschte Breite erreicht, wird der Falz mit dem wieder senkrecht gestellten Simshobel bis zur gewünschten Tiefe ausgehobelt. Auf diese Weise werden alle angezeichneten Stufen gefertigt (3 - 4).

 

 

Hohlkehle: Nun geht es an den konkaven Teil des Profils. Im Falz findet der Profilhobel nun ausreichend Führung, um die Hohlkehle gleichmäßig ausarbeiten zu können (5). Der Profil- bzw. Hohlkehlhobel muss nicht unbedingt exakt den gleichen Radius wie das gewünschte Profil haben. Er kann ruhig einen etwas kleineren Radius besitzen. Der Profilhobel kann während der Arbeit unterschiedlich stark geneigt werden und so auch eine Hohlkehle mit größerem Radius gleichmäßig ausarbeiten. Ein Hobel mit einem größeren Radius funktioniert hingegen nicht.

Hohlkehle
 

 

Viertelstab: Nun kommt wieder der Simshobel zum Einsatz, mit dem wir nun die Rundung bzw. den konvexen Teil des Profils ausarbeiten. Dazu wird zunächst eine Fase mit ca. 45° gehobelt, bis diese die Rundung berührt (6). Die dabei entstandenen Kanten werden nun weiter angefast (7), um deren Kanten anschließend wieder anzufasen und so weiter. Sie bauen so die Rundung bzw. den Viertelstab aus immer feineren Fasen auf, bis diese eine gleichmäßige Rundung ergeben (8). Zum Abschluss können Sie das gesamte Profil noch mit einer Schwanenhals-Ziehklinge glätten oder mit Schleifpapier und Schleifklotz schleifen.

Viertelstab
 

Wie fräst man Karnies?

Heute wird das Karnies meistens mit der Oberfräse hergestellt. Dazu gibt es spezielle Karniesfräser, mit denen das gesamte Profil in einem Fräsgang ausgearbeitet werden kann. Besonders vielseitig sind Karniesfräser mit Falz und austauschbarem Kugellager. Durch unterschiedliche Einstellungen der Frästiefe können Sie damit Karniesprofile mit (A) oder ohne Falz (C) fräsen. Mit dem Kugellager (A, C und E) kann der Fräser bündig zur Kante geführt werden und einen glatten Übergang zwischen Profil und Kante erzeugen. Wird das Kugellager entfernt (B, D und F) oder durch ein kleines ersetzt, kann ein Karnies mit zwei Falzen (B) gefräst werden.

Karnies fräsen
 

Zudem können Sie auch die einzelnen Profilelemente des Karnies separat nutzen. Durch das Verändern der Frästiefe und/oder des Anschlags können Sie mit einem einzigen Karniesfräser sowohl Hohlkehlprofile (F) als auch Viertelstabprofile (E) fräsen, jeweils mit oder ohne Falz bzw. Absatz. Wenn zudem Viertelstab und Hohlkehle denselben Radius besitzen, kann dies für raffinierte Übergänge z. B. bei klappbaren Tischplatten genutzt werden.

 

Karnies als Teil der Holzverbindung

Eine Sonderform des Karniesprofils finden wir bei Profil-Konterprofil-Fräsern. Das Karnies ist bei ihnen Teil der Holzverbindung und wird deshalb meist in einer leicht gestreckten Form verwendet, um die Leimflächen zu vergrößern. Zusätzlich zum Karniesprofil wird im selben Fräsgang eine Nut für die Füllung und den Zapfen gefräst. Das Konterprofil greift diese Kontur negativ ab. In der Regel wird bei allen Rahmenteilen an der Innenkante ein durchgängiges Karnies mit Nut gefräst. Nur an den Stirnseiten der waagerechten Rahmenteile wird zusätzlich das Konterprofil gefräst. Um größtmögliche Präzision und Sicherheit zu gewährleisten, sollten Profil-Konterprofil-Fräser nur an der Tischfräse bzw. mit einer im Frästisch montierten Oberfräse benutzt werden.

Karnies als Teil der Holzverbindung
 

Profil-Konterprofil-Fräser werden in zwei Varianten angeboten:

1. als Fräserset mit zwei bis drei Einzelfräsern (Profil-, Konterprofil- und Abplattfräser) oder 2. als ein kombinierter Fräser für Profil und Konterprofil, der nur in der Höhe verstellt wird. Da bei Letzterem die Masse des Fräskopfes recht groß ist, sollte dieser Fräser, wenn möglich, mit 12 mm Schaftdurchmesser genutzt werden. Bei beiden Fräsertypen muss die Fräshöhe sehr genau eingestellt werden. Verwenden Sie zum Einstellen stets Abschnitte in exakt derselben Stärke wie das Werkstück und nehmen Sie sich ausreichend Zeit dafür. Ist alles korrekt eingestellt, sind mit einem Profil-Konterprofil-Fräser schöne Rahmen schnell gebaut.

Um bei dem Fräsen von Formen ein schönes Ergebnis zu erhalten, benötigen Sie ein wenig Erfahrung. Unser Oberfräse Grundkurs bietet Ihnen eine gute Basis hierfür.