Tipps zur Auswahl tierischer Leime
 

In der Holzwerkstatt verwenden wir Glutinleime vor allem in Form von Knochenleim, Hautleim, Hasenleim und Fischleim. Traditionell werden diese Leime als Platten oder Granulate angeboten. Sie werden in Wasser eingeweicht und dann erwärmt, sodass ein flüssiger, verarbeitbarer Leim entsteht. Einige dieser tierischen Leime gibt auch als gebrauchsfertige flüssige Leime. In diesem Beitrag beleuchten wir die Unterschiede zwischen Granulaten und gebrauchsfertigen Leimen und geben Tipps zum Arbeiten mit Glutinleimen.

Gluten oder Glutin?

Bei den tierischen Leimen sprechen wir von Glutin, nicht von Gluten. Bei Gluten handelt es sich um das sogenannte Klebereiweiß in Getreidekörnern, das in verschiedenen Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Gerste und Kreuzungen daraus vorkommt. Glutin ist ebenfalls ein Eiweiß, es wird jedoch durch Auskochen von tierischen Nebenprodukten gewonnen. Dabei entsteht eine wässrige Lösung der Kollagene. Kollagene sind die Gerüsteiweiße des Bindegewebes. Durch Hydrolyse (Reaktion mit Wasser) wird das Kollagen in Glutin überführt, das bei Abkühlung wieder zu einer Gallerte erstarrt. Vereinfacht spricht man davon, dass der Leim gekocht wird.

Welche tierischen Leime werden in der Werkstatt verwendet?

Knochenleim ist der günstigste tierische Leim. Das liegt wohl daran, dass Knochen in großen Mengen zu Verfügung stehen, während Tierhäute auch anderweitig Verwendung finden, zum Beispiel als Leder. Knochenleim ist hart und spröde, die Leimfuge ist dunkel bzw. bernsteinfarben. Er ist deshalb für starre Verbindungen bestens geeignet und gut schleifbar. Knochenleim wird meist als Granulat angeboten.

Hautleim wird aus Tierhäuten gekocht. Er bleibt auch nach dem Aushärten elastisch und wird deshalb gerne für leicht flexible Verbindungen eingesetzt, z. B. bei Buchrücken oder im Instrumentenbau. Er zeigt eine bernsteinfarbene Leimfuge, etwas heller als bei Knochenleim. Hautleim gibt es als Granulat oder in flüssiger Form (z. B. »Old Brown Glue« Organischer Hautleim).

Leime als Granulat

Traditionell werden Glutinleime als Granulate oder Barren angeboten

 

Hasenleim ist auch ein Hautleim, der aus Kleintierhäuten hergestellt wird. Hasenleim ist sehr ergiebig, er besitzt eine höhere Viskosität und kann dünn aufgetragen werden. Er ist noch elastischer als Haut- und Knochenleim und findet Verwendung im Musikinstrumentenbau und beim Furnieren. Seine Leimfuge ist hellgelb. Hasenleim wird als Granulat angeboten.

Fischleim wird durch Auskochen von Fischabfällen (Fischhaut, Knorpel und Gräten) gewonnen. Seine Leimfuge hat eine hellgelbe Farbe. Besonders geeignet ist Fischleim, wenn es auf sehr hohe Festigkeit gepaart mit Elastizität ankommt. Er ist deshalb gut zum Verkleben von Stirnholz und von unterschiedlichen Materialien wie z. B. Metall oder Leder auf Holz geeignet. Er wird meist als flüssiger Leim angeboten.

Hausenblasenleim ist ebenfalls ein »fischiger« Klebstoff, er wird aus unbehandelten Schwimmblasen von russischen Stören gewonnen. Starke Einschränkungen der Fangquoten machen ihn zu einer Rarität. Er hat eine hellgelbe bis nahezu transparente Leimfuge. Hausenblasenleim besitzt eine wesentlich höhere Festigkeit als andere tierische Leime. Die Leimkonzentration in der Lösung kann deshalb wesentlich geringer ausfallen als beispielsweise bei Knochen- oder Hautleim. Hausenblasenleim-Granulat ist entsprechend ergiebig.

Welche Vor- und Nachteile haben tierische Leime in Granulat-Form?

Glutinleime in Granulat-Form sind reine Naturprodukte. Der wesentliche Vorteil von Granulaten ist ihre hervorragende Lagerfähigkeit. Kühl und trocken gelagert, können Sie Leim-Granulate mehrere Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte aufbewahren. Ein weiterer Vorteil ist, dass Sie den Leim bei der Zubereitung einfach auf Ihre Bedürfnisse bzw. den jeweiligen Verwendungszweck »einstellen« können. So können Sie zum Beispiel einen Knochenleim zum Hammerfurnieren so ansetzen, dass seine Konsistenz etwa der von Sahne entspricht. Durch Zugabe von etwas mehr Wasser können Sie den gleichen Leim auch dünner einstellen, sodass er sich dünner auftragen lässt und etwas langsamer aushärtet, um damit Holzverbindungen zu verleimen.

Als Nachteil ist der Aufwand der Zubereitung zu sehen, da das Granulat erst quellen und dann auf die richtige Temperatur erwärmt werden muss (ca. 60 °C). Dafür sind Zeit und spezielle Gerätschaften wie ein Leimkocher nötig, zumindest wenn Sie regelmäßig mit Glutinleimen arbeiten möchten. Die fertigen Leimmischungen sind nur bedingt haltbar. Durch Lagerung im Kühlschrank und die Zugabe von etwas Zitronensäure lässt sich die Haltbarkeit ein wenig verlängern. Tipp: Setzen Sie immer nur so viel Leim an, wie auch benötigt wird.

Was sind die Vor- und Nachteile von flüssigen Glutinleimen?

Die direkte Verwendbarkeit gebrauchsfertiger Glutinleime ist ihr klarer Vorteil. Es sind keine besonderen Vorbereitungen oder Gerätschaften nötig, um mit flüssigem Hautleim oder Fischleim arbeiten zu können. Auch sie sind reversibel, Verleimungen damit sind durch Feuchtigkeit und Wärme wieder lösbar. Um die Leime flüssig zu halten und haltbar zu machen, werden ihnen jedoch Zusatzstoffe wie Harnstoff und verschiedene Salze beigemischt (die genauen Rezepturen sind Betriebsgeheimisse der Hersteller). Auch ist ihre Lagerfähigkeit eingeschränkt. Manche Leime, zum Beispiel »Old Brown Glue«, können im Tiefkühler längere Zeit überdauern und mehrfach eingefroren und aufgetaut werden, ohne dass – im Gegensatz zu Weißleimen – darunter ihre Klebeigenschaften leiden.

Gebrauchsfertige Glutinleime

In flüssiger Darreichungsform sind Glutinleime direkt einsatzbereit

 

Tipps zum Kleben mit Glutinleimen

Hautleim für den Einstieg. Wenn Sie zum ersten Mal mit Granulat und nicht mit einem gebrauchsfertigen Leim arbeiten möchten, verwenden Sie dafür Hautleim, keinen Knochenleim. Hautleim ist leichter zu verarbeiten, bleibt länger elastisch und ist vielseitiger zu verwenden als Knochenleim, der sehr schnell hart und spröde wird.

Alte Leime analysieren. Um beim Restaurieren alter Möbelstücke herauszufinden, welcher Leim verwendet wurde, untersuchen Sie vorhandene Leimreste folgendermaßen: Riecht die Leimfläche beim Anschleifen nach tierischen Abfällen (Kuhstall, verbrannte Haare), wurde ein tierischer Leim verwendet. Sind die Leimreste sehr hart bis spröde und eher dunkel, wurde wahrscheinlich Knochenleim verwendet. Sie sie hingegen zäh und hell, kommt eher ein Hautleim in Frage. Übrigens, auch viele moderne Dispersionsleime lassen sich durch Wärme und Feuchtigkeit wieder lösen – dies ist also kein eindeutiges Erkennungsmerkmal.

Alles auf Temperatur bringen. Beim Arbeiten mit Glutinleimen sollten Sie die Werkstatt gut vorheizen. Bei einer höheren Raumtemperatur bleibt der Leim länger flüssig. Fenster und Türen geschlossen halten, um Filmbildung durch Zugluft zu vermeiden. Auch alle Werkstücke sollten angewärmt werden. Früher wurden sie an den Ofen gestellt, auf dem der Leimkocher stand. Heute sollten sie in der Nähe des Heizkörpers stehen.

Alle Glutinleime sind reversibel. Egal ob Sie den Leim mit Granulat angesetzt haben oder einen gebrauchsfertigen verwenden, die Verbindung bzw. die Leimfuge lässt sich durch Wärme und Feuchtigkeit wieder lösen. Mit Glutinleimen verklebte Holzverbindungen gelten deshalb als sehr reparaturfreundlich.