Bonsai bedeutet im japanischen in etwa "Landschaft in der Schale" – und genau darum geht es: um eine Pflanzenwelt in Miniaturform. Ursprünglich kommen die Bonsais aus China, haben aber längst in der westlichen Welt ihre Anhänger gefunden. Denn für das Gärtnern im Miniaturformat braucht es keinen großen Garten – es reicht eine Schale und die Fantasie, sich seine eigene kleine Landschaft zu gestalten. Bonsai-Bäume benötigen zwar keinen großen Garten, aber mindestens genauso viel Pflege.
Wie entstehen die kleinen Bonsai-Bäume?
Bonsais sind in aller Regel keine speziellen kleinwüchsigen Bäume, sondern ganz normale Baumarten, die durch kleine Pflanzschalen und den regelmäßigen Schnitt kleingehalten werden. Darum muss der Gärtner bei den Mini-Bäumen ganz besondere Sorgfalt beim Schnitt walten lassen. Grobe Pflanzscheren oder gar Heckenscheren kommen beim Bonsai-Schnitt auf gar keinen Fall zum Einsatz – hier wird händisch mit filigranem und vor allem scharfem Werkzeug gearbeitet. Es gibt zwei Arten von Schnitten: den Pflegeschnitt und den Gestaltungsschnitt. Der Pflegeschnitt dient dazu, dass der Baum klein bleibt und dadurch seine Merkmale als Bonsai präsentieren kann. Seine künstlerische Form bekommt der Bonsai durch den Gestaltungsschnitt.
Der Pflegeschnitt beim Bonsai
Der natürliche Wachstumszyklus ist der größte Feind des Mini-Baumes. Denn Triebspitzen von Bäumen tendieren zu starkem Wachstum. Fachleute sagen dazu Apikaldominanz. Für Pflanzen ist diese Eigenschaft überlebenswichtig, um möglichst schnell groß und kräftig zu werden, um vor natürlichen Feinden wie Wildtieren geschützt zu sein. Außerdem kann eine große und breite Pflanze mehr überlebenswichtiges Sonnenlicht aufnehmen und setzt sich gegen Nachbarpflanzen durch.
Der Pflegeschnitt wird am Bonsai ganzjährig durchgeführt. Immer dann, wenn sich neue Triebspitzen bilden. Der Bonsai soll keinesfalls in die Höhe schießen, sondern eher in die Breite – einen Stamm ausbilden und so zum Mini-Baum werden. Dies gelingt nur, wenn die bereits erwähnte Apikaldominanz immer wieder unterdrückt wird. Dafür muss der Gärtner seinen Baum intensiv beobachten. Sobald sich neue Spitzen bilden, werden diese mit einer Bonsaischere sorgfältig geschnitten. Gelegentlich dürfen auch ganze Triebe entfernt werden, falls sie nicht zum Gesamtbild passen. Das Ziel ist, dass der Baum sein Wachstum durch das regelmäßige Spitzen-Schneiden nicht mehr in die Triebe steckt, sondern in tiefer liegende Äste und den Stamm.
Bei Nadelbäumen wie Lärche oder Kiefer wird der Pflegeschnitt mit der Pinzette durchgeführt. Nadeln vertragen die Schere nicht so gut, darum werden diese mit einer Pinzette rausgedreht. Wichtig ist: immer nur die ganz frischen Sprossen entfernen. Größere Schnitt-Maßnahmen schwächen den Baum zu sehr. Für stärkere Eingriffe ist der Gestaltungsschnitt zuständig.
Blattschnitt sorgt für kleine Blätter
Ein Mini-Baum braucht für die perfekte Optik natürlich auch kleine Blätter. Dafür ist der sogenannte Blattschnitt verantwortlich. Der Frühsommer ist der perfekte Zeitpunkt, um zur Schere zu greifen. Beim Blattschnitt werden alle Blätter bis auf den Blattstiel entfernt. Dadurch kommen kleinere Blätter nach, die im Idealfall sogar mehrmals verzweigt sind. Ein Universaltipp für Laubbäume ist das allerdings nicht – es gibt immer wieder Bäume, die den Blattschnitt nicht vertragen und sich nur schwer davon erholen. Einen starken Eingriff – wie es auch der Blattschnitt ist – immer nur an ganz gesunden Pflanzen durchführen, die nicht gerade einen Gestaltungsschnitt samt Umtopfen hinter sich haben. Die Bäume brauchen Kraft und alle vorhandene Energie, um den Blattschnitt verarbeiten zu können. Hier ist wirklich das Fingerspitzengefühl des Gärtners gefragt.
Den Bonsai in Form bringen
Der Gestaltungs- oder Formschnitt erfolgt regelmäßig, aber maximal einmal im Jahr – entweder im Frühjahr oder im Herbst, auf keinen Fall in der Wachstumsphase der Pflanze. Beim Gestaltungsschnitt kann der Gärtner den Baum nach seinen Wünschen gestalten und so in Form bringen, wie es dem eigenen Gusto entspricht. Ein paar grundlegende Regeln sind allerdings zu beachten: Gearbeitet wird mit einer sauberen Konkavzange. Die Konkavzange mit ihrer schrägen Klinge sorgt dafür, dass der Schnitt bündig am Stamm erfolgt. Eine aktive Wundversorgung hilft dem Baum, sich schnell zu regenerieren. Wundverschlusspaste oder Baumwachs sind dafür geeignet.
Folgende Äste werden beim Gestaltungsschnit entfernt:
- Äste, die senkrecht wachsen und sich nicht zum Biegen eignen
- Äste, mit unpassenden Drehungen
- Äste, die sich auf der Vorderseite des Stammes kreuzen
- Äste, die auf gleicher Höhe am Stamm entspringen (einer davon)
- Äste, die weit oben liegen und unverhältnismäßig dick sind
- tote Äste und störendes Laub
- zum Schluss alle Äste, die nicht ins Bild passen
Nach dem Gestaltungsschnitt empfehlen Experten, auch die Wurzeln des Bonsais zu schneiden. Eigentlich logisch: Durch den starken Rückschnitt der Baumkrone wird das Gleichgewicht mit dem Wurzelballen wieder hergestellt. Machen wir das nicht, übernimmt es der Baum selbst – und zwar mit starkem Wachstum von Zweigen und Ästen. Er muss ja den Verlust ausgleichen und für sich wieder ins Gleichgewicht kommen. Danach wird der Bonsai zurück in eine Schale getopft. Häufig wird dies per Hand gemacht, alternativ können Sie natürlich auch eine Pflanzschaufel nutzen. Spezielle Erde ist essenziell wichtig für die Pflanzenkunstwerke, um sie in ihren kleinen Schalen optimal mit Nährstoffen zu versorgen. Beim Kauf von Bonsai-Erde bitte nicht sparen, denn nur mit der perfekten Grundlage kann sich der Mini-Baum gut entwickeln.
Das Buch Grundkurs Bonsai ist für Anfänger und Fortgeschrittene gleichermaßen interessant. Neben Schnitt-Möglichkeiten werden auch Baumarten vorgestellt, die sich für die Bonsai-Gestaltung eignen.